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Einführung (von J. Moser)In dieser Vorlesung soll eine neuere Entwicklung in der Variationsrechnung dargestellt werden, die als Aubry-Mather-Theorie bezeichnet wird. Für Aubry, einem theoretischen Physiker, war der Ausgangspunkt die Beschreibung der Bewegung von Elektronen in einem eindimensionalen Kristall durch ein einfaches Modell. Zu diesem Zwecke untersuchte er ein diskretes Variationsproblem und die entsprechenden Minimalen.
Andererseits ging Mather von einer speziellen Klasse inhaltstreuer
Kreisringabbildungen, den sogenannten monotonen Twistabbildungen, aus,
wie sie in der Mechanik als Poincaréabbildungen auftreten.
Solche Abbildungen sind
in den 20er Jahren von Birkhoff in mehreren grundlegenden Arbeiten studiert
worden. Mather ist es 1982 gelungen, wesentliche Fortschritte auf diesem
Gebiet zu machen und die Existenz einer Klasse von abgeschlossenen
invarianten Mengen nachzuweisen, die jetzt Mathermengen genannt werden.
Dieser Existenzbeweis beruht ebenfalls auf einem Variationsprinzip.
Obgleich diese beiden Untersuchungen ganz verschiedene Motivierungen
haben, sind sie eng verwandt und besitzen dieselbe mathematische Basis.
Im Folgenden werden wir nun nicht diesen Darstellungen folgen, sondern
werden den Zusammenhang mit klassischen Resultaten von Jacobi, Legendre,
Weierstrass und anderen aus dem vorigen Jahrhundert herstellen. Daher
stellen wir die für uns wichtigsten Resultate der klassischen Theorie im
Kapitel I zusammen, wobei der Begriff der Extremalenfelder
für das Folgende am wichtigsten sein wird.
Im Kapitel II untersuchen wir dann Variationsprobleme auf dem
2-dimensionalen Torus und die dazugehörigen globalen Minimalen, sowie den
Zusammenhang zwischen Minimalen und Extremalenfeldern.
Auf diese Weise werden wir auf die Mather-Mengen geführt werden.
Schliesslich werden wir im Kapitel III den Zusammenhang mit monotonen
Twistabbildungen kennenlernen, die für Mather's Theorie der Ausgangspunkt
war und auf ein diskretes Variationsproblem stossen, das Aubry's Untersuchungen
zugrunde liegt.
Diese Theorie hat darüberhinaus interessante Anwendungen auf die
Differentialgeometrie, nämlich auf den Verlauf der geodätischen Linien auf
2-dimensionalen Flächen, insbesondere dem Torus. Dabei spielen die
sogenannten minimalen Geodäten eine ausgezeichnete Rolle, wie sie von
Morse und Hedlund (1932) untersucht wurden.
Die Theorien von Aubry und Mather haben zu neuen Resultaten für die
geodätische Strömung auf dem 2-dimensionalen Torus geführt, wie Bangert
gezeigt hat. Dabei ist die Beschränkung auf zwei Dimensionen wesentlich,
wie das Beispiel in letzten Abschnitt der Vorlesung zeigt.
Diese differentialgeometrischen Fragen werden am Ende des dritten Kapitels
behandelt.
Wir weisen auf den schönen Übersichtsartikel von Bangert hin,
den man zu diesem Skriptum zur Hand haben sollte.
Unsere Beschreibung zielt weniger auf die Allgemeinheit, als darauf, die
Zusammenhänge der neuen Entwicklung mit klassischen Begriffen wie den
Extremalenfeldern aufzuweisen. Insbesondere erscheinen die Mathermengen
aus dieser Sicht als 'verallgemeinerte Extremalenfelder'.
Bei der Anfertigung des Skriptums war mir Herr O. Knill behilflich,
dem ich meinen Dank ausspreche. Zürich, im September 1988, J. Moser Zu diesen VorlesungsnotitzenDiese Vorlesung, von J. Moser im Frühjahr 1988 an der ETH Zürich gehalten, wurde von Studenten im 6.-8. Semester besucht. Es befanden sich jedoch auch Doktoranden und Besucher des Forschungsinstitut für Mathematik FIM im Auditorium.
In den 12 Jahren seit der Vorlesung hat die Forschung über
dieses spezielle Thema der Variationsrechnung Fortschritte gemacht.
Ein paar Hinweise auf die Literatur sind in einem Appendix beigefügt
worden. Gerade weil noch wichtige Fragen offen sind, ist dieses Script
vielleicht nicht nur von historischem Wert.
Im März 2000 bin ich
über alte Disketten dieser Vorlesung gestolpert die ich im
Sommer 1998 mit dem Textverarbeitungssystem 'Signum' auf einem Atari ST
computer angefertigt hatte. Herr Moser hatte die gedruckten Notizen Anfangs
September 1988 sorgfältig durchgeschaut.
Da das damals verwendete Textverarbeitungssystem pixelbasiert war,
musste das Typesetting nun in LaTeX neu
gemacht werden. Das Original wurde dabei abgesehen von kleinen,
meist stylistischen oder typographischen Korrekturen nicht verändert.
Austin, TX, im Juni 2000, O. Knill |
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